Judith Siegmund :: Visual Art, Conceptual Art, Philosophy

Schriftinstallation


entwickelt aus Interviews mit Mitarbeitern und Patienten von Haus 19, Universitätsklinikum Karl Gustav Carus Dresden, 2012

 


Menschen, die als Patienten ins Krankenhaus kommen, werden von vielerlei Gefühlen und Gedan­ken umgetrieben. Aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in diesem Haus im medizinischen, pflegerischen und wissenschaftlichen Bereich tätig sind oder durch andere Dienstleistungen zum Funktionieren des Betriebs beitragen, befinden sich in konkreten Alltagssituationen, sind mit alltäglichen Dingen beschäftigt und gehen ihren eigenen Gedanken nach.

Manchmal scheint es, als hätten die beiden Welten – die der Patienten und die der Mitarbeiter – nicht viel miteinander zu tun. Die Schriftinstallation im Treppenhaus und im Eingangsbereich zum Hörsaal soll ein realer und imaginärer Ort sein, an dem sich beide Welten überschneiden, ein Ort, an dem die vielen verschiedenen Sichtweisen zu Wort kommen und sich berühren. Im Vorbeigehen fällt der Blick auf das eine oder andere Wort, und vielleicht lässt es sich mit der momentanen Situation des Betrachters oder der Betrachterin in Verbindung bringen. Die Menschen, die diese Räume durchqueren, sind nicht nur Akteure ihrer alltäglichen Verrichtungen, sondern sie alle haben eine eigene Lebensgeschichte. So kann das isoliert erscheinende Wort diese oder jene Assoziation auslösen, diesen oder einen anderen Widerhall im Inneren des Betrachters finden. Zugleich verweist es aber auf die Lebens- und Alltags­wirklichkeit der anderen Menschen in der Klinik: Es erinnert mit leiser Stimme daran, dass das Nächste, was Du an diesem Ort tun wirst, auf vielfältige Weise mit dem Handeln und Empfinden anderer Menschen in Verbindung steht.

Judith Siegmund hat die Schriftinstallation aus Interviewfragmenten nach der Phase der Sanierung von Haus 19 entwickelt. Sie führte mit zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses wie auch mit Patienten Gespräche über den Alltag im Krankenhaus, über Situationen und Erfahrungen. Aus diesen Gesprächen filterte sie markante Begriffe heraus, die mittels Schablonen in roter Farbe auf die Wandflächen des Haupttreppen-hauses aufgetragen wurden. Aus seinem ursprünglichen Gesprächszusammenhang herausgelöst, wird auf diese Weise das einzelne Wort zum Anknüpfungspunkt eines freien Spiels der Assoziation – einer spontanen Verbindung von Gedanken und Empfindungen, die mit dem Gespräch als einem Spiel von Wort und Antwort verwandt ist.

Norbert Axel Richter